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Drehbuchschreiben

– Das Geheimnis glaubwürdiger Charaktere und fesselnder Geschichten –

Wie schafft man es, eine originelle Geschichte filmisch zu erzählen? Wo liegt der Schlüssel zu unverwechselbaren, dreidimensionalen Charakteren? Wie verschafft man sich Zugang zu kreativer Energie und zum eigenen, unbegrenzten Ideenpool?

Sie haben eine Filmidee. Vielleicht noch vage. Oder schon mehr. Lebendige Charaktere, eine interessante Story. Alles da, Szene für Szene. In Ihrem Kopf. Vielleicht haben Sie auch schon angefangen zu schreiben. Und dabei sämtlich Phasen von Euphorie über Skepsis bis hin zur absoluten Verzweiflung durchlaufen.

Wie schafft man es eine originelle Geschichte filmisch zu erzählen? Wo liegt der Schlüssel zu unverwechselbaren, dreidimensionalen Charakteren? Wie verschafft man sich Zugang zu kreativer Energie und zum eigenen, unbegrenzten Ideenpool? Und wie trickst man den inneren Zensor aus, der einem, kaum dass man sich zum Schreiben hinsetzt, weiß machen will, dass man es besser bleiben lassen sollte?

Nicole Mosleh geht diesen Fragen in ihrem Buch auf den Grund. Zahlreiche Übungen und Beispiele aus der Praxis helfen dem Leser, seine eigenen Figuren und Geschichten zum Leben zu erwecken und aufs Papier zu bringen.

Sie erfahren warum manche Geschichten den Zuschauer fesseln während andere ihn kalt lassen. Außerdem geht die Autorin der Frage nach, wie man statt zweidimensionaler Pappkameraden Figuren erschafft, die das Publikum noch lange nach dem Film begleiten.

Hier finden Sie eine interaktive Leseprobe. Sie erhalten das Buch bei Amazon, Thalia, Hugendubel oder bei Ihrem Buchhändler vor Ort.

Da das Buch mit seinen 31 Seiten bereits den vertraglich vereinbarten Rahmen gesprengt hat, hat es ein Kapitel leider nicht in die Druckfassung geschafft. Es steht als Bonus-Material hier kostenlos zum Herunterladen zur Verfügung. Hier kommt ein Auszug davon:

EIN KURZER ABRISS VERSCHIEDENER GENRES

Das, was es zu einem großartigen Genrefilm macht, ist, dass er nicht nur unterhaltsam ist, nicht nur Horror oder Science-Fiction oder was auch immer. Die, die ich liebe, sind Genrefilme, denen eine subversive Botschaft zugrunde liegt.

Ethan Hawke

Genre mal beiseite gelassen, ich möchte in erster Linie einen Film über Menschen machen.

Sophie Marceau

Komödie

Komödien sind der Versuch, dem Chaos einen Sinn abzugewinnen. Es ist eine Art und Weise, wie man mit Dingen umgeht, die überwältigend sind, die einen bedrohen; es ist eine Art, zu überleben und der Wahrheit näher zu kommen.

Laura Linney

Das wesentliche Merkmal einer klassischen Komödie ist, dass niemand ernsthaft an Leib und Leben zu Schaden kommen darf. Das hängt damit zusammen, dass Sie, sobald Sie dem Zuschauer eine Komödie versprechen, so etwas wie einen Vertrag mit ihm eingehen. »Der folgende Film ist leicht und unterhaltsam. Alles, was geschieht, ist komisch. Es darf gelacht werden«, lautet dabei die Abmachung.

Wenn Sie anschließend ein Kind zeigen, das unter einen Lastwagen gerät und lebensgefährlich verletzt wird, dann dürfte den Zuschauern das Lachen im Hals stecken bleiben. Etwas anderes ist es, wenn zwar schlimme Dinge passieren, aber die sonst waltenden Naturgesetze außer Kraft gesetzt werden, sodass derjenige, den das grausame Schicksal ereilt, heil davonkommt. Ein sehr plastisches Beispiel dafür sind die Tom-und-Jerry-Zeichentrickfilme. Solange Katze oder Maus unter die Räder kommen, aber im nächsten Moment quietschfidel auferstehen, ist das Ganze nicht nur komisch, sondern sogar kindertauglich. Das wäre nicht so, wenn tatsächlich Blut spritzen und das Opfer nicht davonkommen, sondern realitätsnahe Verletzungen erleiden würde.

 

 

 

 

Wie der Name bereits verrät, macht der Humor hier nicht unbedingt vor schmerzhaften oder ekelerregenden Dingen halt. Dementsprechend ist aber auch die Erwartungshaltung des Publikums, das sich auf einen makabren, mitunter die Grenze des guten Geschmacks verletzenden Humor gefasst macht. Das Publikum dieser Filme fällt zahlenmäßig deutlich geringer aus als die Zuschauer der klassischen Komödie, da der Humor dunkel und bisweilen sehr speziell ist.

Ein weiteres, seit einigen Jahren sehr erfolgreiches Untergenre der klassischen Komödie ist die Romantische Komödie, die von ihren Fans auch liebevoll RomCom1 genannt wird. Die Romantische Komödie zeichnet sich dadurch aus, dass sie zwei Hauptfiguren hat, die in den meisten Fällen auch Antagonisten füreinander sind. Eine unumstößliche RomCom-Regel besagt, dass die beiden sich am Ende der Geschichte, allen Hindernissen zum Trotz, kriegen. Zwei einsame Seelen mit gebrochenen Herzen würden nicht nur gegen die RomCom-Konvention verstoßen, sie würden die Erwartungshaltung der Zuschauer enttäuschen und wären auch nicht sehr komisch (es sei denn, man hat sadistische oder zynische Neigungen).

Eine Ausnahme bildet übrigens das Untergenre Schwarze Komödie. Wie der Name bereits verrät, macht der Humor hier nicht unbedingt vor schmerzhaften oder ekelerregenden Dingen halt. Dementsprechend ist aber auch die Erwartungshaltung des Publikums, das sich auf einen makabren, mitunter die Grenze des guten Geschmacks verletzenden Humor gefasst macht. Das Publikum dieser Filme fällt zahlenmäßig deutlich geringer aus als die Zuschauer der klassischen Komödie, da der Humor dunkel und bisweilen sehr speziell ist.

Ein weiteres, seit einigen Jahren sehr erfolgreiches Untergenre der klassischen Komödie ist die Romantische Komödie, die von ihren Fans auch liebevoll RomCom1 genannt wird. Die Romantische Komödie zeichnet sich dadurch aus, dass sie zwei Hauptfiguren hat, die in den meisten Fällen auch Antagonisten füreinander sind. Eine unumstößliche RomCom-Regel besagt, dass die beiden sich am Ende der Geschichte, allen Hindernissen zum Trotz, kriegen. Zwei einsame Seelen mit gebrochenen Herzen würden nicht nur gegen die RomCom-Konvention verstoßen, sie würden die Erwartungshaltung der Zuschauer enttäuschen und wären auch nicht sehr komisch (es sei denn, man hat sadistische oder zynische Neigungen).

Was macht Komödien überhaupt komisch? Da ist zunächst der Held der Geschichte. Protagonisten von Komödien lassen sich grob in drei verschiedene Kategorien einteilen:

  1. Agenten des Chaos (Marx Brothers)
  2. Opfer des Chaos (Buster Keaton) oder
  3. 3. Agenten und Opfer des Chaos zugleich (Charlie Chaplin oder beispielsweise auch der von Peter Sellers verkörperte Hrundi V. Bakshi in Der Partyschreck).

Allen gemeinsam ist, dass sie sich oder andere durch Verhalten, das man in den meisten Fällen als »nicht angemessen« bezeichnen würde, in unmögliche und für den Zuschauer sehr komische Situationen bringen. Was nebenbei auf einen sehr wesentlichen Punkt hinweist: Von Nahem betrachtet und für denjenigen, der die Dinge gerade am eigenen Leib erlebt, sind die Ereignisse katastrophal und oft auch sehr angsteinflößend. Für den Zuschauer, der alles aus einem sicheren Abstand beobachten kann und sich selbst im (Fehl-)Verhalten der Figur wiedererkennt, ist das, was ihr widerfährt, komisch. Sobald die Ereignisse auch für den Protagonisten komisch sind, ist es keine Komödie mehr, sondern Klamauk.

»First make it work, then make it funny« (»Bring die Geschichte erst zum Laufen und kümmere dich später darum, dass es lustig wird«) – ein Ausspruch meines 2012 verstorbenen Drehbuchlehrers Frank Pierson2 , der es sehr treffend auf den Punkt bringt.

Die Geschichte zunächst als Drama zu erzählen, um die Tiefen auszuloten und erst nachträglich die komischen Momente zu finden und auszuarbeiten, kann sehr hilfreich sein. Denn wenn man sich gleich auf witzige Ereignisse und komische Dialoge stürzt, entgeht einem womöglich, dass wesentliche Elemente der Geschichte noch sehr holprig sind. Außerdem besteht die Gefahr, dass man die Figuren für ein paar Gags verrät und an der Oberfläche der Geschichte bleibt. Das Ausmaß der Tragik und der damit verbundene Schmerz, der gelungenen Komödien, die uns emotional berühren, zugrunde liegt, werden dabei ausgeklammert.

Das, was eine Geschichte komisch macht, kann außerdem eine besondere (und meist im herkömmlichen Verständnis nicht besonders passende) Sicht auf das Geschehen sein. Die Selbsteinschätzung und das Verhalten der Hauptfigur sind dem Geschehen sehr oft nicht angemessen und sorgen deshalb für komische Momente.

Häufig werden Situationen und Ereignisse, die wir alle aus eigener Erfahrung kennen und die für uns mit Ängsten oder Scham behaftet sind, auf die Spitze getrieben. Das Lachen ist dann dem Wiedererkennen geschuldet und der Erleichterung, dass das, was uns in die Bredouille bringt, auch anderen widerfährt und noch dazu in weit größerem Ausmaß. Aufgrund der übertriebenen Reaktion auf das Geschehen, das in mancher Hinsicht dennoch unserer eigenen Verhaltensweise ähnelt, wird uns die Absurdität unseres Handelns vor Augen geführt.

Thriller vs. Krimi

Thriller und Krimi sind zwei grundverschiedene Genres, die aber sehr häufig verwechselt werden. Während der Thriller das Kino der Angst ist und sich dadurch auszeichnet, dass die Hauptfigur an Leib und Leben bedroht ist, und dieses Genre folglich ein Maximum an emotionaler Beteiligung beim Zuschauer hervorruft, ist der Krimi die Geschichte einer Ermittlung. Diese ist dadurch gekennzeichnet, dass der Protagonist (und damit auch der Zuschauer) emotional am wenigsten beteiligt ist. Für einen Ermittler gehört es zur Routine, Verbrechen aufzudecken und die Täter zu überführen. Auch wenn ihn eine Tat erschüttern kann, so ist sie dennoch nichts, was sein persönliches Leben auf den Prüfstein stellt oder durcheinanderbringt. Schließlich widerfährt die Tat nicht ihm selbst oder einem Menschen, der ihm persönlich nahesteht. Demzufolge fordert ein Krimi die analytischen Fähigkeiten des Zuschauers heraus4 und weniger eine Identifikation mit demjenigen, der persönlich betroffen und damit emotional beteiligt ist.

Der Krimi ist ein reines Fernsehgenre. Das hängt auch mit der relativen »Emotionslosigkeit« des Genres zusammen (Kino verlangt nach Größe. Das gilt nicht nur, aber besonders für Emotionen!). Es ist das am häufigsten produzierte fiktionale Fernsehformat in Deutschland. Tendenziell ist der Krimi ein sehr reaktionäres Genre. Es ist das Genre, in dem es darum geht, Recht und Ordnung wiederherzustellen.

Wenn der Täter überführt, gefasst und der Justiz übergeben wird, ist die Welt aufs Neue in Ordnung und das Böse ein weiteres Mal bezwungen. Es sagt viel über die gesellschaftliche Verunsicherung und den Wunsch nach konservativen Werten, die Sicherheit suggerieren, aus, wenn ausgerechnet dieses Genre im deutschen Fernsehen das erfolgreichste ist.

Um auch bei dem sehr kopflastigen »Whodunit«5 eine stärkere emotionale Beteiligung des Publikums hervorzurufen, wird der Krimi mittlerweile häufig mit Thriller-Elementen versetzt. Dies geschieht unter anderem, indem zum Beispiel der Ermittler oder Menschen, die ihm nahestehen, von einem weiteren Verbrechen bedroht sind (der oder die Kriminelle/n möchte/n die Ermittlungen behindern oder zum Erliegen bringen).

Es genügt aber auch schon, wenn ein weiteres Verbrechen droht, sodass nicht nur das bereits begangene aufgeklärt wird, sondern noch viel dringender ein weiteres verhindert werden muss (zum Beispiel ein Serienmörder auf freiem Fuß oder ein Pädophiler, der im Internet unter einer falschen Identität Kinder und Jugendliche zu einem Treffen überredet und sich dann an ihnen vergeht).

Die Thrillerelemente bewirken eine intensivere emotionale Beteiligung; gleichzeitig kommt Zeitdruck ins Spiel (»den Täter stellen, bevor er ein weiteres Verbrechen begehen kann«).

In Krimiserien wird eine emotionale Bindung an den / die Ermittler gleichzeitig über die sogenannten »horizontalen Handlungsstränge« hergestellt: Wir erfahren in einer meist recht knapp erzählten Nebenhandlung von den privaten Problemen und persönlichen Beziehungen der Ermittler, die sich allen beruflichen Widrigkeiten zum Trotz nach einem »normalen« und harmonischen Privatleben sehnen. Das gelingt ihnen jedoch in den seltensten Fällen, da sie zum einen eigenen psychischen Ballast mit sich herumschleppen, der ihre zwischenmenschlichen Beziehungen belastet. Und zum anderen verhindert der Beruf, der sie oft rund um die Uhr in Beschlag nimmt, ein ruhiges und zuverlässiges Privatleben.

Zurück zum Thriller. Hier gilt außerdem: Die Bedrohung der Hauptfigur an Leib und Leben muss gleich zu Anfang der Geschichte etabliert werden und konstant aufrecht erhalten bleiben. Häufigster Fehler bei diesem Genre, der übrigens nicht nur Anfängern unterläuft, ist ein Mangel an Bedrohung.

Gefällt Ihnen, was Sie bis jetzt gelesen haben?

Hier können Sie kostenlos das vollständige Kapitel herunterladen.

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